Markus Gruber: Kuhnäktion

von | Dez 13, 2020 | Reportagen, von uns

Markus Gruber ist 28 und führt mit seinen Eltern den wohl modernsten Milchviehbetrieb in Österreich. Alles machen Roboter. Wirklich Alles?

Ich habe Markus jedenfalls vor knapp einem Jahr bei einer Veranstaltung kennengelernt und habe mir gedacht: mit dem kann man gut reden. Gesagt getan: Das Auto wird gesattelt und wir fahren ins verschneite Mühlviertel. Zum Glück mittlerweile mit Winterreifen.

Der Hof der Familie Gruber, schmiegt sich, auf einem Hügel gelegen, an den Waldrand. St. Georgen AM Walde heißt´s, eh kloa. Markant sticht das Stallgebäude ins Auge. Markus kommt uns entgegen und führt uns durch den Hof, ein paar Stiegen hinauf ins Büro. Ein Büro mit Fenstern hinunter in den Kuhstall!!! Ich frage mich, ob das ein Konzept für einen Kuh-Working-Space wäre. Ich wäre jedenfalls dabei.

Foto - Markus Gruber: Kuhnäktion

Wenn Landwirt, dann ganz.

Markus und das liebe Vieh

Markus ist hier aufgewachsen und war schon als Kind am Liebsten bei den Viechern, wie er sagt. Er besucht eine Landwirtschaftsschule. Nach Matura und Bundesheer führt ihn sein Weg zuerst in einen Job: Teilzeit, am Hof bei den Kühen ist er immer dabei. Markus kennt mit Mitte zwanzig beide Welten: die des Angestellten und die des Bauern. Für ihn ist klar: wenn Landwirt, dann ganz. Zusammen mit seinen Eltern plant er den modernsten Milchviehstall Österreichs. Nicht um der Modernste zu sein, sondern um mit technischer Unterstützung so viele Kühe zu halten, dass beide Familien davon leben können und gleichzeitig die Arbeit zu schaffen und dabei felxibel zu bleiben. Stichwort: Work-Life-Balance. Es gibt einen Melkroboter, einen der das Futter für die Kühe mischt und bringt und einen der den Stall ausmistet. Markus erklärt, dass er wohl genau so viel Zeit im Stall verbringt, wie jeder andere Milchbauer auch. Die Vorteile? Er kann sich selbst einteilen wann das ist. Denn ohne die technischen Helfer wird in der Früh und am Abend in den Stall gegangen, gemolken, gefüttert und ausgemistet. Man wird mehr zum Manager, lächelt Markus. Er kennt seine 76 Milchkühe alle beim Namen. Durch die Technik bleibt ihm mehr Zeit auf jede individuell einzugehen. Ihm geht es darum, dass es seinen Tieren gut geht und sie die beste Versorgung und das beste Futter haben.

Markus engagiert sich

Der junge Landwirt ist bei der örtlichen Jungbauernschaft und bei den oberösterreichischen Jungzüchtern engagiert. „Nur sudern hilft nicht“, sagt er “Wenn man etwas verändern will und den Jungen eine Stimme geben, dann muss man auch etwas dafür tun“.

 

Der Kreislauf der Milch

Zuerst ist das Kalb da. Dann wird es zur Kalbin, quasi die Teenie-Kuh, bis sie geschlechtsreif ist. Dann wir die Kuh besamt. Erst nach der ersten Geburt ist das Tier eine Kuh und gibt Milch.
Nach einer kurzen Pause wird, die Kuh erneut besamt und wieder trächtig. Damit sie weiterhin Milch gibt und das nächste Kälbchen kommt. Circa zwei Wochen vor jeder Geburt, wird die Kuh trockengestellt. Das heißt: Sie wird nicht mehr gemolken und kann ihre ganze Energie in die Geburt stecken.
Eine Runde von diesem Kreislauf nennt sich Laktationszyklus.

 

Von Biestmilch und Kälber-Iglus

Nach der Geburt trinkt das Kalb bei der Mutter die Biestmilch. Das ist die erste Milch nach der Geburt, die ganz viele Abwehrstoffe enthält, damit sich das Immunsystem des Kalbes aufbaut. das ist für die Kleinen essenziell, um gesund zu leben. Danach wir das Kälbchen separat aufgezogen und die Kuh gemolken. Am Anfang leben die Kälber in sogenannten Käber-Iglus. das hat vor allem einen Arbeitswirtschaftliche Hintergrund, weil die Betreuung so für den Bauern leichter ist, erklärt Markus. Die Kälber bekommen 12 Wochen Milch und werden schön langsam mit einer speziellen Futtermischung an Heu und Kraftfutter gewöhnt. Am Anfang sind die Kälber alleine, weil sie am Anfang ihres Lebens ungestört das Trinken und Fressen lernen müssen. Später kommen die Kälber in eine Gruppe. Sie sind soziale Herden Tiere und fühlen sich in der Gruppe besonders wohl, lernen und spielen miteinander.

Zweinutzungsrasse ? Fleckvieh!

Markus und seine Familie haben sich fürs Fleckvieh entschieden. Das ist eine sogenannte Doppelnutzungsrasse. Das heißt: Die Kühe sind darauf gezüchtet Milch zu geben, setzten aber auch gut Fleisch an. Wenn nun also ein Kälbchen männlich ist, kann man es verkaufen und mästen und es wird fleißig Fleisch ansetzten. Bei Rassen, die rein auf die Milch gezüchtet werden, sind die männlichen Kälber eigentlich zu wenig zu gebrauchen, weil sie kein Fleisch ansetzen. Sie werden oft zu Hundefutter. Die weiblichen Kälbchen werden im Kreislauf der Milch wieder zur Milchkuh aufgezogen. Wenn beim Fleckvieh eine Milchkuh nicht mehr genug Milch gibt, hat sie trotzdem genug Fleisch und wir können sie essen.

 

Apropos Zucht

Markus ist beim Jungzüchterverband engagiert. Zucht heißt in dem Fall: Kühe mit Eigenschaften, die man will – wie Gesundheit, Langlebigkeit, Effiziente Futterverwertung, hohe Milchleistung – mit Stieren zu kreuzen, die ebenfalls Eigenschaften haben, die ich mir für die Zukunft meiner Kälbchen wünsche.

 

Mit Alles, ohne Horn

Wenige Tage nach der Geburt, werden den Kälbern die Hörner entfernt. Warum? Kühe sind Herdentiere und gemeinsam in einem großen Laufstall, wo sie sich frei bewegen können. Sie kämpfen um die Rangordnung. Mit Hörnern wird das sehr blutig und hässlich. „Das will keiner für seine Tiere“, sagt Markus.

#Hightech im Kuhstall

 

Manni der Mürrische Melkroboter

Das Herz des Stalles ist der Melkroboter. Dort entsteht erst das Lebensmittel: die Milch.
Die Kühe können, wann immer sie wollen melken gehen. Jede von ihnen hat ein Halsband. Der Roboter erkennt damit jede einzelne Kuh. Dann geht´s los: Die Kuh kommt herein, bekommt ein, auf sie persönlich zugeschnittenes Leckerli als Motivation: eine bestimmte Menge Kraftfutter. Ein Laser tastet die Zitzen ab. Mit einer automatischen Bürste und Reinigungsmittel werden die Zitzen gereinigt. Dann wir das Melkzeug automatisch angelegt. Auf einem Bildschirm kann man sehen, aus welchem Euterviertel, wie viel Milch kommt. Wenn man weiter tippt ¬ Touchscreen, was sonst ¬ sieht man eine Statistik für jede Kuh: Wieviel Milch pro Tag gibt sie? Wie oft geht sie melken? Wie lange dauert´s? Wieviel Kraftfutter hat sie bekommen? Und noch viel mehr.

 

Roboter Kellner für Kühe?

Auch die Fütterung übernimmt ein Roboter: Über eine Rutsche wirft ein Greifarm die einzelnen Futterkomponenten in den Futterroboter. Der mischt das Ganze und fährt damit zu den Kühen. Mittels Laser tastet er den Futtertisch ab und streut genau so viel Futter aus, wie die Tiere brauchen.

 

Mist-Roboter: Oasch Job?

Selbst das Stallausmisten übernimmt ein Roboter. Der sieht aus wie ein überdimensionierter Rasenmähroboter und beschwert sich nicht über deinen Job.
Die Kühe haben sogar Fußbodenheizung, damit die Kuhfladen nicht festfrieren und der Mist-Roboter seinen Job machen kann. Meine Wohnung ist eine Bruchbude im Vergleich.

Foto - Markus Gruber: Kuhnäktion

Kuh Spa?

Kühe sind sehr verspiele aktive Tiere und brauchen Beschäftigung. Bei Markus gibt es Bürsten, die die Kühe massieren und bürsten sobald sie sie berühren. Die Kühe sind außerdem sehr reinliche Tiere und wollen ihr Fell dementsprechend in Ordnung wissen. Prädikat: äußerst gmiadlich.

 

Von Wirtschaftlichkeit und Tierwohl

Eine durchschnittliche Kuh in Österreich gibt 25- 30 Liter Milch pro Tag. Die Fleckvieh-Kühe bei Markus geben ca. 34 Liter Milch pro Tag. In der Tierhaltung hat sich über die Jahre viel getan. Alles wird effizienter. Die Kühe, das Futter und die Technik. Markus erklärt die überdurchschnittliche Milchleistung seiner Kühe genau mit diesen Rahmenbedingungen, in denen sich seine Kühe besonders wohl fühlen. Der Stall, das Futter, die Zucht, alles ist aufs Wohl der Tiere ausgelegt. Vor allem werden die Kühe bei den Grubers bestens betreut. „Da kann man gar nicht verhindern, dass die Kuh viel Milch gibt“, sagt Markus. Die Wirtschaftlichkeit des Betriebes definiert sich sehr stark über den Milchverkauf. Je mehr Liter Milch Markus verkauft, desto mehr Einkommen hat die Familie. Dem entsprechend ist es wichtig, dass die Kühe viel Milch geben und gleichzeitig gesund sind. Das Tierwohl steht im Vordergrund. Wenn Markus weniger Kühe hätte, die weniger Milch geben würden, könnten er und seine Familie davon nicht leben.

Markus der Unternehmer

Als Landwirt ist man auch Unternehmer, sagt Markus. Der Stall mit allen Stückln, die er spielt ist genau durchkalkuliert und eine Investition fürs Leben. Genau wie jeder andere Unternehmer, will Markus von dem leben was er tut. Er freut sich jeden Tag in den Stall zu gehen und ist mit Leib und Seele Landwirt. Am Ende des Tages verdient er mit dem was seine Tiere leisten sein Einkommen.

wer hat´s geschrieben?

Bianca Blasl
Bianca Blasl vulgo Melange.in.Gummistiefeln ist die rasende Reporterin bei BauertothePeople. Die umtriebige Bloggerin hat Landwirtschaft studiert, liebt gutes Essen #Foodie und berichtet für ihr Leben gern über alles, was mit leiwander Landwirtschaft zu tun hat.

Eure Meinung

7 Kommentare

  1. Elisabeth Holzer

    Und genau damit kann ich mich nicht anfreunden: Kälber als abfallprodukt der milchwirtschaft. Wenn man von “Tierwohl” spricht dann muss das, um glaubwürdig zu sein, auch eine tiergerechte Lösung für die Kälber beinhalten. Dieser Hof ist sicherlich top modern und solange die michleistung passt, scheint es den Milchkühe gut zu gehen. Aber: wie geht’s dann für die Kuh weiter? Hofschlachtung möglichst stressfrei oder Transport und industrielle Schlachtung? Und eben: wo ist das Konzept für Kälber? Überzeugt mich nicht, liebe Bianca

    Antworten
    • Markus Gruber

      Liebe Elisabeth!

      Kälber sind bei uns niemals ein Abfallprodukt!
      Das Konzept für die Kälber funktioniert so: Die weiblichen Kälbchen sind für die eigene Nachzucht gedacht, dH die werden bei uns behutsam am Betrieb großgezogen und sind später als Kühe wieder am Betrieb.
      Die männlich Kälber kommen zu einem super organisierten Mastbetrieb – dieser ist von uns ca. 20 km entfernt. mit ca. 16 – 18 Monaten werden dann die Stiere zu einem regionalem Schalchtbetrieb der wiederum nur ein paar Kilometer vom Mastbetrieb weg ist gebracht. – alles in allem schon ein Konzept.

      Das Thema Hofschlachtung wird derzeit bearbeitet und rückt immer mehr in den Fokus. Bitte denke aber daran das auf einem Schlachtbetrieb die veterinärmedizinische Begleitung und Kontrolle wesentlich effizienter und einfach organisiert ist als draußen auf den Höfen. Dieser Punkt ist nur ein Beispiel von vielen Aspekten die dazu noch entwickelt gehören, um das schlussendlich umsetzen zu können.

      Und, liebe Elisabeth, bitte denke auch daran dass viele einfach billiges Essen wollen – Hohe Standards, maximales Tierwohl aber minimaler Preis für Lebensmittel funktioniert einfach nicht!

      Wenn du noch Fragen hast kannst du mich gerne kontaktieren.

      Liebe Grüße, Markus Gruber

      Antworten
      • Elisabeth Ertl

        Im steirischen Schilcherland gibt es bereits einen Schlachtanhänger, der die stressfreie Schlachtung am Hof ermöglicht. Das Tier wird dann bereits geschlachtet in den Schlachthof gebracht, tierärztlich beschaut und dann zum Verzehr freigegeben. Hoffentlich gibt es diese Möglichkeiten bald überall.

        Antworten
  2. Elisabeth Ertl

    Das freut mich, dass ich nicht die einzige Kommentatoren auf dieser Seite bin – danke!!
    Diese Kälber sind kein Abfallprodukt. Die männlichen werden gemästet und später geschlachtet, weil Fleckvieh eben eine Zweinutzungsrasse ist. Nur bei den reinen Milchrassen sind die Kälber Abfall. Das Hofschlachtungsproblem ist in ganz Österreich nicht gelöst, das ist ein Missstand nicht nur auf diesem Hof. Nicht einmal Christian Bachler darf das Fleisch seiner am Hof geschlachteten Tiere verkaufen.
    Meine Kritik an diesem Beispiel ist eine andere, die ich unter dem Podcast gepostet habe.

    Antworten
    • Elisabeth

      DOCH abfallprodukt… denn genau das sind die Kälber, die wir dann auf kälbertransporten nach weiss-Gott-wohin bedauern. Ich bleibe dabei: wenn man sich “Tierwohl” auf die Fahnen schreibt, dann muss das den E2E (end to end) Prozess betreffen

      Antworten
      • Elisabeth Ertl

        Nein, DIE nicht, das wird im Podcast erklärt, die werden von einem Mäster in der Nähe abgenommen und zu Jungstieren herangemästet und dann geschlachtet. Bei den berüchtigten Kälbertransporten in den Orient ging es um die reinen Milchviehkälber. (Holstein
        https://www.rinderzucht-tirol.at/rassen/holstein/)
        Das sind nur 7% der Rinder in Österreich, und die meisten davon werden in Vorarlberg gehalten. Drum gab es dort diesen Skandal. Milchrassen haben wenige Muskeln, damit die ganze Energie ins Euter geht. Wenn man solche Kälber mästen will, braucht man viel Futter, und am Ende ist kaum Fleisch dran.
        Fleckvieh ist eine Milch- und Fleischrasse.

        Antworten
  3. Markus Gruber

    Liebe Elisabeth!

    Kälber sind bei uns niemals ein Abfallprodukt!
    Das Konzept für die Kälber funktioniert so: Die weiblichen Kälbchen sind für die eigene Nachzucht gedacht, dH die werden bei uns behutsam am Betrieb großgezogen und sind später als Kühe wieder am Betrieb.
    Die männlich Kälber kommen zu einem super organisierten Mastbetrieb – dieser ist von uns ca. 20 km entfernt. mit ca. 16 – 18 Monaten werden dann die Stiere zu einem regionalem Schalchtbetrieb der wiederum nur ein paar Kilometer vom Mastbetrieb weg ist gebracht. – alles in allem schon ein Konzept.

    Das Thema Hofschlachtung wird derzeit bearbeitet und rückt immer mehr in den Fokus. Bitte denke aber daran das auf einem Schlachtbetrieb die veterinärmedizinische Begleitung und Kontrolle wesentlich effizienter und einfach organisiert ist als draußen auf den Höfen. Dieser Punkt ist nur ein Beispiel von vielen Aspekten die dazu noch entwickelt gehören, um das schlussendlich umsetzen zu können.

    Und, liebe Elisabeth, bitte denke auch daran dass viele einfach billiges Essen wollen – Hohe Standards, maximales Tierwohl aber minimaler Preis für Lebensmittel funktioniert einfach nicht!

    Wenn du noch Fragen hast kannst du mich gerne kontaktieren.

    Liebe Grüße, Markus Gruber

    Antworten

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