In wenigen Worten
Warum Lammfleisch tatsächlich die Ökovariante des Fleischessens sein kann – wenn man es richtig angeht. Warum wir heute so wenig Lamm essen und das wieder mehr tun sollten. Und warum Schafe ur super sind, für Mensch und Landwirtschaft. Das ist die Geschichte des Lamms von der Alm bis auf den Teller.
Von der Alm bis auf den Teller
Schafe fressen die Gräser und das, was die Kühe stehen lassen. Auf den Almen grasen Schafe an Stellen auf Steilflächen, die eine Kuh nie erreichen würde – der Bauer by the way auch nur ziemlich mühsam. Sie sind die Rasenmäher der Almen und wandeln Gras in Essen um, also Fleisch und Milch.
Trotzdem essen wir nur knapp einen Kilo Schaf- UND Ziegenfleisch pro Jahr. Durchschnittlich sind es jedoch 94 Kilo Fleisch, die Herr und Frau Österreicher verspeisen. Ostern ist bei uns eine der wenigen Gelegenheiten bei denen wir traditionell Lamm essen.
Warum also so wenig Lamm?
Mit der Zeit ist das Lammfleisch immer mehr von unserem Speiseplan verschwunden.
Heute noch gilt das Schaf vielerorts als das Armeleute Tier. Oft hört man das Wort «böckeln» in Verbindung mit Lammfleisch. Fakt ist, Lammfleisch hat seinen Eigengeschmack, wie Rind- und Schweinefleisch übrigens auch. Verstärkt wird dieser Eigengeschmack immer über das Fett. Ein weiterer Faktor ist das Alter. Je älter ein Tier, desto intensiver wird der Geschmack des Fleisches und eben auch des Fettes.
Bis zur Geschlechtsreife der Tiere sprich man von einem Lamm. Danach wir der Geschmack des Fleisches immer intensiver. Doch auch das Fleisch der älteren Schafe schmeckt ausgezeichnet. Wir haben nur verlernt es zuzubereiten. Andere Kulturen haben uns da so einiges voraus. Im Westen Österreichs werden die alten Schafe oft zu Salami oder Trockenfleisch verarbeitet und als Spezialität verkauft.
Die Alm
In Tirol war ich bei Patricia und Walter Kofler. Dort sind die Lämmer und Schafe den ganzen Sommer auf der Alm und fressen die besten Kräuter und Gräser. Keine Selbstverständlichkeit in Zeiten der Wolfsrückkehrt. Die Alm ist 100 Hektar groß und auf über 2500 Meter Seehöhe gelegen. Walter verbringt so viel Zeit wie möglich auf der Alm: betreut die Schafe, steckt Zäune, hält die Wanderwege in Schuss. Ich habe ihn ein paar Tage begleitet. Wer acht Stunden lang eine ausgebüchste Schafherde im Steilgelände sucht und die Wiesen dort mäht, lernt: Die Arbeit ist hart und anstrengend, doch sehr erfüllend.
Ohne Bauern kein Tourismus
In Österreich leben wir vom Tourismus. Das Jahr der Corona-Pandemie hat uns das schmerzlich vor Augen geführt. Touristen wie Einheimische lieben die Almen und die Wanderwege in Österreich. Doch erst die Bauern und ihre Tiere machen die Almen zu dem, was sie sind: Kulturlandschaft. Denn ohne die Tiere und die Arbeit der Bauern, wären die Almen innerhalb weniger Jahren von Büschen und Wald bedeckt.
Landwirtschaft gegen Lawinen
Kühe, Schafe und Co. halten steile Bergwiesen und Almen frei und das Gras kurz.
Werden Weiden nicht mehr genutzt, wächst mit dem Gras auch die Gefahr von Lawinen oder Muren.
Your content goes here. Edit or remove this text inline or in the module Content settings. You can also style every aspect of this content in the module Design settings and even apply custom CSS to this text in the module Advanced settings.
Vom Schlachten und 3 Schafen
Walter Kofler schlachtet seine Lämmer selbst. Er ist einer der wenigen Bauern in der Region, der noch selbst schlachtet und das Fleisch verarbeitet und verkauft. Walter ist ein gekonnter Fleischhauer mit großem Respekt vor den Tieren. Stressfrei geschlachtet bedeutet nämlich auch bessere Fleischqualität. Früher normal, heute eine Seltenheit. Es gibt kaum mehr Schlachträume. Schon gar nicht am Bauernhof. Die Auflagen sind hoch, die Infrastruktur teuer. Die wenigsten Bauern haben die Kapazitäten zum Selberschlachten.
Tiertransporte sind deshalb die normalste Sache der Welt geworden. Jedes Tier, das wir essen wollen, muss geschlachtet werden. Dafür muss es an einen Ort gebracht werden, an dem das möglich ist. Zweifellos, das stresst die meisten Tiere, je kürzer der Weg desto besser.
Wenn wir Fleisch essen wollen, muss ein Tier sterben. Wer es essen will, muss es auch schlachten können – so mein Ansatz. Bei Walter durfte ich das erste Mal dabei sein. Geduldig erklärt er mir jeden Handgriff ganz genau: Durch einen Stromschlag wir das Lamm betäubt. Ein gezielter Schnitt durch die Kehle führt zum Ausbluten. Das Ausbluten schlussendlich zum Tod.
Der Weg auf den Teller
Was übrig bleibt: 3 Stricke, 60 Kilo Schlachtkörper und 6€ pro Kilo Fleisch. Da passt etwas nicht zusammen: Wie eingangs erklärt, essen wir sehr wenig Lammfleisch in Österreich. Das meiste wird über die Gastronomie vermarktet. Bei Walter und Patricia in Wörgl kaufen die Gastronomen oft günstige Fertigprodukte ein, anstatt Lamm aus der Region, deshalb bekommen sie nicht mehr für das Kilo Fleisch. Wenn Schafe und Lämmer so heranwachsen, wie bei Patricia und Walter in Wörgl, dann sind sie tatsächlich die Öko-Version des Fleischessens. Wenn Fleisch essen, dann so, denke ich mir.
Das Osterlamm
Zu Ostern ist eine der wenigen Gelegenheiten, an denen wir traditionell Lamm essen. Auf meiner Reise höre ich immer wieder, dass viele der Kundschaften von Lammfleischproduzenten muslimischen Glaubens sind. In anderen Kulturen ist die Zubereitung von Lammfleisch tief verwurzelt.
Das Rezept
… also Cultural-Crossover
Die Oster-Tajine:
Da kann man nix falsch machen, haben sie gesagt …
_Kurkuma, Ingwer und Koriandersamen anrösten.
_Lamm, Zwiebel, Knoblauch, Dörrzwetschgen, Zimtstange und Safran dazu.
_Ein Schuss Wasser.
_Deckel zu.
_Achja…Salz und Pfeffer….man kann nix falsch machen haben sie gesagt.
Tajine-Fact:
In Nordafrika, wo sie herkommt, übernehmen das gewerbliche Töpfern die älteren Männer, die schon zu schwach für die Landwirtschaft sind. Für Daheim stellen die Frauen, die Tajines her.
Danke Bianca, dass du für diese Tiere wirbst, die eine so wichtige Nische im Ökosystem der Kulturlandschaft besetzen.
Mein Mann und ich züchten Shropshire-Schafe, die zusätzlich zu jenen Eigenschaften, die hier genannt sind, Baumrinden und Nadeln verschonen. Sie pflegen Streuobstwiesen und düngen sie, und sie ersparen in Christbaumkulturen Unkrautvernichter.
Für uns ist es vor allem ein Hobby.
Wir schlachten die Tiere, die nicht für die Zucht taugen, im Herbst am Ende der Weidesaison, das spart Winterfutter. Da sind sie dann schon 7 – 9 Monate alt. Ab und zu kommt auch ein altes Zuchtschaf dran.
Klar muss man den Eigengeschmack von Schaffleisch einmal grundsätzlich mögen. Wenn man davon absieht, dass man altes Fleisch deutlich länger dünsten muss, schmeckt es aber um nichts schlechter als das der jungen Tiere, eher besser.
Nur die männlichen Tiere sollen nicht älter sein als eineinhalb Jahre, denn dann böckeln sie wirklich. Dann kann man das Fett entfernen und das Faschierte mit Schweinespeck vermischt zu Wurst verarbeiten. Das schmeckt immer noch gut.
Unser Lieblingsrezept dieses Winters:
Irish Stew mit Grünkohl – da kann man auch nichts falsch machen.
Dafür eignen sich auch die knochigen Teile – also Hals oder Stelzen, aber natürlich auch Schulter.
Man kocht die benötigte Menge Fleisch mit den Knochen zuerst mit Wasser bedeckt – junges Fleisch mindestens eine Stunde, älteres mindestens zwei Stunden. Dann löst man das Fleisch in möglichst großen Stücken von den Knochen.
Man schneidet Zwiebel (ein Sechstel der Menge des Fleisches) und Grünkohl (etwas weniger als das Fleischgewicht)
Man legt Zwiebeln, Grünkohl und die Fleischstücke schichtweise in einen Topf, gießt das Kochwasser wieder darüber und noch so viel Wasser zu, dass alles bedeckt ist. Man würzt mit Knoblauch, Lorbeerblatt, Thymian, Majoran, Pfefferkörnern und Salz, und lässt den Eintopf noch eine Stunde kochen. Die letzte halbe Stunde kommen noch geschälte Kartoffeln dazu.
Guten Appetit!