In wenigen Worten
Selbsterkenntnis ist der erste Weg zur Veränderung. Eine Selbstbeobachtung.
Ein super hippes Foodie-Start-up Event. Junge Menschen in schwarzen Hemden und aufgekrempelten Hosen netzwerken sich, ihre Fahrradhelme unterm Arm, bis zu ihren Sitzplätzen.
Weil wir ja mit allen rund ums Essen reden wollen: mittendrin.
Neben mir ein junger Mann. Ich füge mich dem Netzwerkcharakter und wir beginnen zu plaudern. Er hat ein Food-Start-up gegründet: 3D-gedruckter Fisch aus Erbsenprotein. Spannend!
Von welchem Food-Start-up ich komme? Ähm…Ich erzähle was ich tue. Spreche über die Entfremdung unserer Gesellschaft. Gerade wenn es um´s Essen geht. Erzähle, dass wir den Bezug zu unserem Essen verloren haben und denen, die es machen. Erzähle die Geschichte davon, dass wir früher vielleicht noch beim Fleischer waren, dort über das Schnitzel in der Vitrine gesprochen haben, das mal ein Schwein war. Und vielleicht über den Bauern, der es gehalten hat. Vielleicht über den Schlachthof, oder den Fleischhauer. Erzähle, wie hoch spezialisiert die ganze Welt und auch die Lebensmittel-Wertschöpfungskette heute ist. Dass deshalb keiner mehr miteinander redet. Dass zwischen den einzelnen Akteuren keine Verbindung, kein Bezug mehr besteht.
Erzähle, Dass wir den weiten Weg bis auf unsere Teller gar nicht mehr nachverfolgen, geschweige denn fassen können. Und dass ich wir deshalb tun, was wir tun. Nämlich reden. Lösungen finden. Wieder verstehen. In den Schuhen des anderen gehen. Damits vielleicht nicht scheppert. Damit wir unserer Welt nicht gegen die Wand fahren.
Er schaut mich mit großen Augen an und sagt: „Spannend. Aber nicht mein Bereich. Mit Landwirtschaft habe ich nichts zu tun“.
Vor lauter Sprachlosigkeit ist mir der Mund offen stehen geblieben. Während der 3D-Fisch-Mann weiter redet, überschlägt sich mein Hirn: Ignoranter Volltrottel. Dummes Hippsterarschloch. Sich nachhaltiges Food-Start-up nennen und nicht mal kapieren, dass du ohne Landwirtschaft nicht mal Pappendeckel 3D-drucken kannst du dummes Vorstadtbubi. Was glaubst du, wo deine Erbsen herkommen???
Nach einem Schluck Tee aus meiner Bobo-Thermosflasche beruhigt sich das Hirn. Um nicht´s g´scheiter bin ich. Gleich mal abgestempelt und im Geiste hingeschimpft und verurteilt. Das ist ein Paradebeispiel. Nicht “die Leut” waren grad so deppert, nope, c’était moi, voila. Ich selbst war die Depp.
Der Willy sagt immer, es gibt B2P deswegen, weil er beim Diskutieren irgendwann draufgekommen ist, dass er von vielen Dingen keine Ahnung hatte, aber oft eine Meinung. Deshalb tun wir jetzt, was wir tun. Weil wir alle gleich deppert sind, der eine mal dort, die andere mal da. Weil wir echt wieder mehr miteinander reden müssen. Damit wir wieder kapieren, wie das alles zusammenhängt mit dem Essen und uns Menschen.
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